Samstag, Juni 05, 2004

Ballack ist cool - und sieht sowas von fit aus ...

Ich finde eh, dass die Ossis irgendwie alle gesünder sind - oder zumindest auf mich so wirken - als die Wessis. Woran mag das liegen? Vielleicht weil die nicht so viel Ernährungs-Müll in den SupermarktRegalen zur Auswahl drüben hatten?
Und/oder weil das DDR-GesundheitsWesen womöglich besser war als das kapitalistische?
Mal so theoretisierend, was könnte das hiesige kapitalistische Medizinwesen vom DDR-GesundheitsWesen unterschieden haben.

Das kapitalistische Medizinwesen ist weitestgehend privatisiert und am Gewinn orientiert. Die niedergelassenen und die Klinik-Ärzte brauchen eine wiederholt krank werdende Gemeinde - mit Gesunden könnten sie kein Geld verdienen - und sie haben weitgehende Therapiefreiheit. Jeder kranke Patient ist ein Überbringer von geldwerten AbrechnungsPunkten auf der ChipKarte und ExperimentierFutter für den gigantischen Hunger des medizinisch industriellen Komplexes.
Der Bürger resp. kranke Patient ist quasi eine Art Eigentum der Ärzteschaft - sie bestimmt, was wie mit Patienten geschieht. Der deutsche Staat hält sich weitgehend raus. Op-Sääle sind noch allzu oft quasi rechtsfreie Räume. Der Ärztestand ein Staat im Staate - mit eigenen Gesetzen und Regeln.
Die kranken Bürger als schwache soziale Gruppe mit schlechter wirtschaftlicher Verwertbarkeit werden dann zugunsten des LeistungsKomplexes Medizinwesen, für eine wirtschaftlich starke Gruppe - die Ärzte - verwertet. Im Sinne des StaatsEtats also eine scheinbar gute Sache.

Im DDR-Medizinwesen gab es vermutlich striktere therapeutische Richtlinien, die sich wohl daran orientierten, die Bürger möglichst nachhaltig leistungsfähig und damit wirtschaftlich optimal einsetzbar zu erhalten.
Also mit möglichst wenig Aufwand, möglichst lange, möglichst gesunde Bürger. Das ist eigentlich ganz im Sinne jedes Patienten - mit einem kleinen Einwand - nämlich dass man als Mensch nicht nur nach wirtschaftlicher Verwertbarkeit bewertet und behandelt werden möchte.
Dennoch halte ich dieses sozialistische Prinzip für bekömmlicher für die Patienten. Der Staat hatte Interesse am gesunden Bürger und sah dazu den Ärzten auf die Finger, schaute ihnen bei ihrem Tun über die Schultern. Die Ärzteschaft in der DDR war vermutlich keine autonom agierende Gruppe wie hier im Kapitalismus, sondern musste sich dem staatlichen Interesse an möglichst gesunden Bürgern orientieren. Problem dabei ist natürlich, dass staatliche Interessen im Einzelfall mit dem persönlichen Patientinteresse kollidieren konnte - zB bei politisch abweichenden Haltungen.
Aber das Problem haben wir hier im Kapitalismus womöglich sogar noch extremer. Die überwiegend rechts orientierte Ärztschaft ist eine Gefahr für ideologisch erkennbar abweichende, rebellische Patienten. Also in dieser Hinsicht war die DDR-Medizin wohlmöglich weniger riskant als die hiesige kapitalistische.

Weil die MedizinIndustrie der DDR klein und schwach war, gab es wohl auch nicht diesen enormen Experimentier- und Verwertungs-Hunger auf Patienten, wie im Kapitalismus. Also ein Gesundheitswesen, dass für die Bürger und Patienten gut - aber für Wirtschaft und Export schlecht war.

Im Kapitalismus ist es umgekehrt: Der medizinisch-industrielle Komplex als Jobmotor und gigantischer Wirtschaftsfaktor mit enormem Exportpotenzial einerseits - auf der anderen Seite die weitestgehend schutzlosen und effektiv rechtlosen Patienten als Verwertungsmasse für diesen Medizinbetrieb, der mit einem Gesundheitswesen eigentlich nichts zu tun hat und diesen Namen nur als euphemistische Tarnung trägt. Pervers - dass grade in einem vermeintlichen Land der Grund- und Menschenrechte, diese vom Medizinwesen ausgehöhlt und eigentlich ad absurdum geführt werden.
Und eine Bevölkerung, die noch nie aus eigener Kraft und Charakterstärke eine Revolution für ihre Grundrechte geschafft hat. Nicht zu Zeiten der französichen Revolution, nicht zur Zeit der NaziHerrschaft und auch nicht danach, als das faschistische Justiz- und Medizinwesen sich fast nahtlos in die bundesrepublikanische Wirklichkeit fortsetzte. Die hiesige Bevölkerung hat sich noch immer für wirtschaftliche Stärke und gegen menschliche Schwäche entschieden. Vielleicht ist es das, was auch heute noch viele Niederländer und Briten und andere Nationen die Deutschen als Nazis und geduckte graumausige Langweiler und MöchtegernHerrenmenschen ansehen, die nur an Geld und persönlichen oder nationalen Sieg denken.

Wie könnte ein Gesundheitswesen aussehen, dass diesen Namen mit Berechtigung trägt. Vielleicht eine gelungene Kombination aus dem der DDR und dem hiesigen. Die Grundprinzipien des DDR-Systems plus des westlichen Überbaus der Individual- und Grund- und Menschenrechte - also das, was über das rein wirtschafltich Verwertbare hinausgeht - wie die persönliche Befindlichkeit - die aber eben auch wirtschaflich verwertbar ist, in dem Sinne, dass dieser Wellnessbereich angeboten und privat abrechenbar ist.