Mittwoch, Juni 15, 2005

Freiheit und Pluralismus auf die deutsche Art
Aufgrund einer falschen Diagnose verbringt Vera Stein viele Jahre in geschlossenen Abteilungen psychiatrischer Kliniken und das als völlig gesundes intelligentes Mädchen. Der körperliche Zustand von Vera Stein verschlechtert sich, doch sie wird weiter festgehalten - ohne richterlichen Beschluss - selbst noch, als sie volljährig wird. Sie ist in das Räderwerk der Psychiatrie geraten. Heute, mit 45 Jahren, ist sie ein körperliches Wrack - sitzt im Rollstuhl. Es ist das Ergebnis einer albtraumhaften Odyssee durch psychiatrische Anstalten.

Und die Gefahr, dass es viele solche Fälle "Vera Stein" gibt, ist in Deutschland groß. "Es ist heute leichter möglich in eine psychiatrische Klinik auf eine geschlossene Station zu kommen, als früher, und man kommt schwerer wieder raus", sagt Peter Müller von der Psychiatrischen Universitätsklinik Göttingen. "Das gilt auch in anderen Bereichen. Der Gesetzgeber hat die Einweisung gesetzlich erleichtert."
Der Grund dafür, meint Müller: Die Deutschen seien ängstlicher geworden. "Da spielen Sicherheitsgedanken eine Rolle, die in unserer Gesellschaft weit verbreitet sind.

Ein Glücksfall befreit Vera Stein aus diesem Albtraum. Die Station wird aufgelöst und eine Pflegefamilie nimmt sie auf. Nur langsam lernt sie wieder selbständig zu leben. Denn jahrelange Klinikaufenthalte haben aus einem gesunden Mädchen einen Krüppel gemacht. Vera Stein ist der Meinung: "Ich denke die Hauptschuld haben die Ärzte."

... In ihrer Not wendet sich Vera Stein
[schlussendlich] an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der hat ihren Fall jetzt zur Entscheidung angenommen. Die Klage richtet sich gegen die Bundesrepublik Deutschland. Der Gerichtshof hält es anders als deutsche Gerichte für möglich, dass Vera Steins Grundrechte erheblich verletzt wurden - durch jahrelangen Freiheitsentzug.
Quelle und vollständiger Bericht: ZDF-Magazin Frontal21
Ein ZeitungsArtikel in der WamS
Auch dazu: Psychiatrie – ein Eldorado für rechtsradikale Gesinnungstäter in Ärzteschaft, Justiz, Verwaltung und Politik?

Wiedermal auch eine Bestätigung der Analyse, dass Ärzte sich ihren eigenen PatientenBedarf allzu oft selber schaffen und sich gerne die eh schon Angeschlagenen, Unschuldigen herausgreifen. Habe noch nie gehört, dass die mal eine Horde Neonazis in die Psychiatrie eingewiesen hätten - Diagnose zB kollektives Irresein. Auch zeigt es, dass Medizin und Justiz einen Hang zur unheilvollen Allianz haben, anstatt dass die eine Gewalt die andere Gewalt kontrolliert, wie es eigentlich sein sollte.