Dienstag, April 26, 2011

Politiker als Totschläger
16 Jahre und sechs Monate Haft für den ThyssenKrupp-Manager Harald Espenhahn, außerdem Haftstrafen zwischen 10 und 13 Jahren für fünf weitere Manager der italienischen Tochter des deutschen Stahlkonzerns: Noch nie in der jüngeren Geschichte wurde ein Arbeitsunfall in Italien so schwer geahndet wie jetzt die Brandkatastrophe vom Dezember 2007 im ThyssenKrupp-Werk Turin, bei der sieben Arbeiter starben. – Rechtsgeschichte aber schrieb das am Freitag in Turin verkündete Urteil vor allem deshalb, weil es Espenhahn vorsätzlichen Totschlag zur Last legt: Wenn ein Manager um die Risiken am Arbeitsplatz wisse, wenn er die nötigen Investitionen in Sicherheit und Brandschutz unterlasse, dann nehme er Tote bewusst in Kauf. Das Urteil steht so für eine Wende in der Haltung nicht bloß der Justiz, sondern der ganzen Gesellschaft gegenüber Unfällen am Arbeitsplatz.
Quelle: taz

Man stelle sich vor, eine so konsequent humanistische Rechtstaatlichkeit würde es über die Alpen bis hinein nach Deutschland schaffen. Wievielmal lebenslänglich müssten all jene deutschen Politiker, Krankenhaus-Chefs und Ärzte hinter Gitter, die wissend aber untätig zuschauen, wie seit Jahrzehnten durch vermeidbaren Ärztepfusch in deutschen Krankenhäusern jedes Jahr zigtausende Tote und hunderttausende Schwerverletzte verursacht werden. Bewusst in Kauf genommene Opfer. Also Politiker, Krankenhaus-Chefs und Ärzte als Körperverletzer und Totschläger, die eigentlich für Jahre hinter Gitter gehören, wenn die deutsche Justiz eine rechtstaatliche wäre. Ist sie aber nicht. Gut für Politiker, Ärzte und ander Verantwortungsträger, schlecht für all jene Menschen, die als Patienten in ein Krankenhaus kommen.